Fällt die Aufzeichnungspflicht der Arbeitszeit für Arbeitnehmer in der Land-und Forstwirtschaft?
Mit der Einführung des Mindestlohnes wurden in der Land-und Forstwirtschaft erweiterte Aufzeichnungspflichten nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz (AentG) verpflichtend. Demnach sind Arbeitgeber in der Land-und Forstwirtschaft verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit von allen Arbeitnehmern aufzuzeichnen. Ausnahmen gibt es bisher nur für mitarbeitende Familienangehörige. Bei Verstößen gegen die Aufzeichnungspflichten können durch die entsprechenden Hauptzollämter Bußgelder erlassen werden.
Gegen diese zusätzliche Aufzeichnungspflicht haben der Gesamtverband der Deutschen Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände e.V. gemeinsam mit dem Arbeitgeberverband der Westfälisch-Lippischen Land- und Forstwirtschaft e.V. im Januar 2015 ein Verfahren initiiert. Ein betroffener Landwirt hat durch Selbstanzeige einen entsprechenden Bußgeldbescheid und ein Bußgeld erhalten. Er hat dann gegen den Bescheid und das Bußgeld geklagt.
In dem Bußgeldbescheid hat das Hauptzollamt Bielefeld ausgeführt, dass der Landwirt mit seinem Betrieb dem Geltungsbereich Arbeitnehmerentsendegesetz unterliegt (?) und er dadurch Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer aufzuzeichnen habe. Bereits das Arbeitsgericht Bielefeld hat der Klage des Landwirts stattgegeben. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld hat dagegen Rechtsbeschwerde eingelegt. Diese hat nun das Oberlandesgericht (OLG) Hamm ebenfalls zurückgewiesen und somit das Arbeitsgericht bestätigt.
Das OLG Hamm hat dabei wie folgt argumentiert: Die Vorschrift des § 23 Abs.1 Nr. 8 AEntG i.V.m § 19 Abs. 1 Satz 1 oder 2 AentG sei auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden – und zwar weil die Branche der Land-und Forstwirtschaft nicht in § 4 Abs. 1 Nr. 1 AentG explizit genannt sei –, der Regelungsbereich des § 19 Abs. 1 AentG sei insoweit beschränkt.
Nach § 19 Abs. 1 AentG besteht die Aufzeichnungspflicht soweit auf das Arbeitsverhältnis Rechtsnormen eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages oder einer entsprechenden Rechtsordnung über die Zahlung von Mindestentgelt, die Einziehung von Sozialkassenbeiträgen oder über Urlaubsansprüche anzuwenden sind.
Im Bereich der Land- und Forstwirtschaft gibt es zwar einen für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag – allerdings ist der Anwendungsbereich des § 19 Abs. 1 AentG beschränkt und zwar gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 AEnTG auf die dort ausdrücklich genannten Branchen des Bauhaupt- und Baunebengewerbes.
Aus dem Wortlaut des Gesetzes lässt sich die Verpflichtung für die Branche der Land-und Forstwirtschaft also nicht ableiten. Auch analogen Anwendungen der entsprechenden Vorschrift hat das OLG Hamm eine Absage erteilt. Auch aus weiteren Gesetzen lasse sich eine entsprechende Verpflichtung nicht ableiten.
WICHTIG: Aus diesem Urteil lässt sich allerdings nicht ableiten, dass die Aufzeichnungspflichten ab sofort entfallen. Dafür wäre eine Gesetzesänderung oder eine Änderung der Prüfauffassung durch den Zoll notwendig. Bitte beachten Sie dies!
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